So liest Du Dein erstes Arbeitszeugnis richtig

eingestellt von Gunnar Erth am 6. Februar 2018

Erster Job - erstes Arbeitszeugnis

Wer meint, nach dem Schulabschluss gebe es keine Zeugnisse mehr, der täuscht sich. Denn auch deine Arbeit wird vom Chef bewertet. Sein Fazit wird in einem Arbeitszeugnis zusammengefasst, wenn du die Firma verlässt. Oft klingt ein Arbeitszeugnis gut, obwohl zwischen den Zeilen etwas ganz anderes steht.

Ein Arbeitszeugnis liest sich meistens so, als ob es keinen besseren Azubi oder Arbeitnehmer gäbe. Das liegt daran, dass das Gesetz vorsieht, dass Arbeitszeugnisse wohlwollend formuliert sind. Weil aber gleichzeitig ein Chef bei der Wahrheit bleiben muss, versteckt er seine Kritik zwischen den Zeilen. Nur wer sich mit der Personalersprache auskennt, wird sie verstehen. Damit du im Zweifelsfall rechtliche Schritte einleiten kannst, erfährst du hier, worauf du achten solltest.

Auf den ersten Blick

Um ein Zeugnis zu überprüfen, gehst du in zwei Schritten vor. Zuerst checkst du, ob die Formalitäten stimmen:

  • Ist das Arbeitszeugnis auf Firmenpapier geschrieben? In einheitlicher Schrift und Schriftgröße?
  • Sieht es ordentlich aus? Hat es also keine Flecken oder Eselsohren?
  • Ein Arbeitszeugnis sollte eine Seite, maximal zwei Seiten lang sein.
  • Kontrolliere, ob dein Name richtig geschrieben ist, ob die Beschäftigungsdauer und die Anschrift des Arbeitgebers stimmen und ob der Ausstellungsort richtig ist.
  • Lies aufmerksam deine Tätigkeitsbeschreibung durch: Fehlt etwas? Stimmt, was da geschrieben wurde?
  • Stimmt der Aufbau? Ein Arbeitszeugnis folgt dieser Struktur: Überschrift, Nennung des Arbeitnehmers, sein Werdegang. Dann folgt die Beschreibung seiner Aufgaben, schließlich kommt die Beurteilung. Dabei wird auch erwähnt, wie man sich gegenüber Kollegen, Kunden und Vorgesetzten verhalten hat. Im Schlussteil dankt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer und wünscht ihm für die Zukunft alles Gute. Hier steht auch, ob der Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlässt.

Dann geht’s ins Detail: Wenn im Arbeitszeugnis die Begriffe „stets“, „immer“ und „äußerst“ vorkommen, ist es ein sehr gutes Arbeitszeugnis. Dabei gibt es schon einen Unterschied zwischen „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ und „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“. Satz eins bedeutet in Schulnoten ein „sehr gut“, Satz zwei ist eben nur ein „gut“. „Hat sich bemüht“ oder „führte die Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durch“ klingt zwar eigentlich auch ganz gut, tatsächlich meint diese Formulierung aber, dass jemand eine ungenügende Arbeit erbracht hat. Ähnlich negativ sind Sätze wie „Er hatte Gelegenheit, sich das notwendige Fachwissen anzueignen“, „Sie arbeitete mit größter Genauigkeit“ oder „Er war tüchtig und wusste sich zu verkaufen“, obwohl sie auf den ersten Blick ganz gut klingen.

Ruhig das Zeugnis überprüfen lassen

Stellst du fest, dass dein Zeugnis nicht zu dem passt, was du hier liest, solltest du genauer hinschauen oder gleich einen Fachmann damit beauftragen. Es gibt Rechtsanwälte, die auf Arbeitsrecht spezialisiert sind. Alternativ können Mitglieder in einer Gewerkschaft von dieser Hilfe bekommen. Wenn dein Verdacht richtig war, solltest du mit dem Arbeitgeber sprechen. Manchmal ist ein Zeugnis unwissentlich so geschrieben, dass man Kritik darin lesen kann. Ist der Arbeitgeber bereit, es zu ändern, ist alles in Ordnung. Weigert er sich, solltest du einen Anwalt einschalten. Denn ein schlechtes Arbeitszeugnis kann dir deinen beruflichen Weg für die Zukunft verbauen. Darum ist es auch nicht unbedingt sinnvoll, wenn du gebeten wirst, dein Arbeitszeugnis vorzuformulieren. Du kennst dich im Zweifel nicht mit den sprachlichen Feinheiten aus und schreibst dir so möglicherweise ein Zeugnis, das nicht gut genug ist.

Übrigens: Wenn du in einer Firma nur ein Praktikum machst, bekommst du kein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Bei einer Praktikumsbescheinigung werden nicht die gleichen Maßstäbe angelegt wie beim Arbeitszeugnis.