Vorsicht beim Wechsel des Ausbildungsplatzes

Deine Ausbildung ist nicht das Richtige für dich? Damit bist du nicht allein: Jede vierte Ausbildung in Deutschland wird vorzeitig abgebrochen. Doch bevor du dich zu einem solchen radikalen Schritt entscheidest, solltest du überlegen, ob du bestehende Probleme im Job beseitigen kannst.

Konflikte mit Vorgesetzten, mangelnde Ausbildungsqualität, ungünstige Arbeitsbedingungen, gesundheitliche Gründe und falsche Berufsvorstellungen: Das sind einige der im Berufsbildungsbericht 2021 des Bundesbildungsministeriums (BMBF) am häufigsten genannten Gründe für die Auflösung eines Ausbildungsvertrags. Viele wollen aber auch in attraktivere Jobs wechseln, denn der Ausbildungsmarkt sieht zurzeit günstig aus.

Vorsicht vor Kurzschlusshandlungen

Bevor du kündigst, solltest du dir überlegen, welche Gründe für und welche gegen deinen Ausbildungsplatz sprechen. Oft hilft ein Gespräch mit deinem Ausbilder, etwa wenn die Lerninhalte nicht vielfältig genug sind oder du dich gemobbt fühlst. Bessert sich die Situation nicht, solltest du dein Anliegen schriftlich einreichen. Das sichert dich im Fall möglicher Rechtsstreitigkeiten ab. Hilft auch dies nichts, können dir eventuell der Betriebsrat und die Gewerkschaft Rat geben. Die Bundesagentur für Arbeit nennt auf ihrer Website zudem eine ganze Reihe von externen Hilfsangeboten:

  • Berufsberatung der Arbeitsagentur: Die kann dir sagen, ob eine Assistierte Ausbildung für dich infrage kommt. Dabei steht dir ein Ausbildungsbegleiter als Ansprechpartner zur Seite.
  • Ausbildungsberatung der Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern.
  • Beratungslehrkräfte oder Sozialpädagogen an Berufsschulen.
  • Ausbildungsbegleiter des Senior-Experten-Service: Die ehrenamtlichen Helfer der Initiative zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen (VerA) sind im Ruhestand und stehen als Mentor zur Seite.

Erst eine neue Lehrstelle suchen

Hilft auch das alles nichts, kannst du immer noch kündigen. Doch Vorsicht: Wer kündigt, ohne eine neue Lehrstelle in Aussicht zu haben, riskiert Fehlzeiten während der Ausbildung. Das könnte dazu führen, dass die zuständige Kammer die Ausbildungszeit verlängert. Zudem sind deine Chancen besser, wenn du dich in ungekündigter Stellung um einen neuen Job bewirbst. Und: Das Geld könnte knapp werden. Wer von sich aus kündigt, muss damit rechnen, dass die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von bis zu drei Monaten verhängt. In der Zeit bekommst du kein Arbeitslosengeld.

Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und ist zudem an Fristen gebunden:

Nur während der Probezeit kannst du die Ausbildung gemäß Paragraph 22 Berufsbildungsgesetz jederzeit und ohne Angabe von Gründen

  • Nach der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen, sofern du den Beruf wechseln oder die Ausbildung aufgeben möchtest. Vorsicht: Dies gilt nicht, wenn du nur den Ausbildungsplatz wechseln willst. Denn wenn du dies tust und dein ehemaliger Betrieb das erfährt, kann er dich unter Umständen auf Schadensersatz verklagen.
  • Nur im Fall von schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Arbeitgebers kannst du den Ausbildungsvertrag fristlos kündigen. Das sind zum Beispiel sexuelle Belästigung, ausstehende Gehaltszahlungen und in bestimmten Fällen Diskriminierung und Mobbing. Die rechtlichen Hürden für eine fristlose Kündigung sind aber sehr hoch.
  • Eine bessere Alternative kann ein Aufhebungsvertrag sein. Darin kann die Austrittsfrist in Absprache mit dem Unternehmen selbst formuliert werden.

Auf jeden Fall solltest du dir von deinem alten Chef ein schriftliches Arbeitszeugnis und deine Arbeitspapiere geben lassen. Dein alter Betrieb muss auch dein Gehalt bis zum Ende der Kündigungsfrist zahlen sowie den Resturlaub und Überstunden ausbezahlen. Wichtig: Du musst im Fall einer Kündigung auch die Berufsschule informieren. Sie ist nicht verpflichtet, dich weiter zu unterrichten, wenn du nicht mehr in einem Ausbildungsverhältnis bist.

Nicht schlecht über die alte Firma reden

Bei der Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz kannst du dich bei der Arbeitsagentur, Meinestadt.de, Lehrstellenmarkt.de, Ihk.de oder auf anderen einschlägigen Stellenportalen im Internet umschauen. Willst du einen Handwerksberuf erlernen, hilft dir dabei die App Lehrstellenradar 2.0 – oder ganz traditionell die Ausbildungsberatung der Kammern und Innungen. Es lohnt sich auch immer, im Bekanntenkreis zu fragen.

Bewirbst du dich bei einer neuen Firma, solltest du darauf achten, nichts Schlechtes über deinen aktuellen Arbeitgeber zu schreiben. Hebe stattdessen hervor, was den neuen Ausbildungsbetrieb für dich attraktiv macht. Fokussiere dich auf deine Erfolge und reiche deinen Notenstand ein, den du bei der Berufsschule erhalten kannst. Biete zudem einen Probearbeitstag an – das kommt gut an.

Vielleicht suchst du einen neuen Ausbildungsplatz in derselben Branche? Das ist der optimale Fall, denn dann kannst du mit dem neuen Betrieb und der Berufsschule klären, ob ein Teil der Vorausbildung anerkannt wird. Der neue Betrieb kann die Vorkenntnisse anerkennen, er muss es aber nicht. In der Regel gibt es dabei keine Probleme. Mehr zu diesem Thema erfährst du bei der Arbeitsagentur, der jeweiligen Kammer oder der zuständigen Gewerkschaft.

Übrigens: Bei deinem neuen Betrieb beginnt mit dem neuen Ausbildungsvertrag eine neue Probezeit von ein bis vier Monaten.