Zweifel am Steuerbescheid? – Das können Sie tun! (Teil 1)

Wer feststellt, dass der Steuerbescheid des Finanzamts von der abgegebenen Steuererklärung abweicht, sollte prüfen, woran das liegt und gegebenenfalls Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid einlegen. Wichtig ist, rasch zu handeln, denn für solche Rechtsmittel gelten knapp bemessene Fristen. Was es zu beachten gibt, erfahren Sie hier.

Nein, der Einkommensteuerbescheid ist keine spannende oder amüsante Lektüre und dennoch sollten Sie ihn aufmerksam lesen und genau mit der Steuererklärung vergleichen, die Sie abgegeben haben. Hat das Finanzamt eine höhere Einkommensteuer festgesetzt, als sich nach Ihrer Erklärung ergeben würde, müssen Sie das nicht einfach hinnehmen.

Änderung des Steuerbescheides

Zunächst gilt es, festzustellen, weshalb der Steuerbescheid von der Erklärung abweicht. Möglicherweise handelt es sich nur um einen Fehler bei der Datenerfassung wie einen Zahlendreher, ein verrutschtes Komma oder eine weggelassene oder zu viel getippte Ziffer. Solche Flüchtigkeitsfehler und offene Unrichtigkeiten lassen sich meist schnell und ohne großen Aufwand beheben: Ein sogenannter Antrag auf schlichte Änderung, den man formlos per Brief, per E-Mail oder sogar telefonisch stellen kann, reicht in der Regel aus, um die Berichtigung des Steuerbescheides zu veranlassen. Aber Achtung: auch für den Antrag auf schlichte Änderung gilt die einmonatige Einspruchsfrist.

Das Risiko, das Sie bei der Beantragung einer schlichten Änderung eingehen, ist gering, denn die Finanzbehörde schaut sich nur den von Ihnen monierten Aspekt noch einmal an, nicht den gesamten Steuerfall. Sie müssen also in aller Regel nicht damit rechnen, dass Sie hinterher schlechter dastehen als zuvor.

Einspruch gegen den Steuerbescheid

Etwas schwieriger wird die Sache, wenn Sie mehr Steuer zahlen sollen, weil das Finanzamt bestimmte Tatsachen rechtlich anders würdigt, als Sie das tun – zum Beispiel indem berufsbedingte Ausgaben nicht als Werbungskosten oder bestimmte Gesundheitsaufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Wenn Sie möchten, dass Ihr Steuerbescheid deshalb amtlich überprüft wird, müssen Sie das Rechtsmittel des Einspruchs einlegen.

Allzu viel Zeit lassen sollten Sie sich dabei nicht, denn die Frist, während der Einspruch erhoben werden kann, beträgt nur einen Monat ab Bekanntgabe des Steuerbescheids. Was es damit im Einzelnen auf sich hat und wie die Frist berechnet wird, erfahren Sie in Teil 2 dieses Beitrags, den Sie nächste Woche hier lesen können.

Eine besondere Form schreibt das Gesetz für den Einspruch nicht vor. Sie können ihn in Schriftform mittels Brief, Telefax, E-Mail oder über das Elster-Portal der Finanzverwaltung einlegen, genauso gut aber auch mündlich „zur Niederschrift“ durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter des Finanzamts. Zur Firstwahrung genügt es, den Einspruch ohne Begründung zu erheben; die Begründung kann nach Fristablauf zeitnah nachgereicht werden.

Ganz wichtig: Der Einspruch bewirkt keine Steuerstundung und keinen Zahlungsaufschub! Sie müssen die im angegriffenen Steuerbescheid festgesetzte Steuer also zunächst einmal bis zum festgesetzten Termin zahlen – ungeachtet der Tatsache, dass Sie Einspruch gegen den Bescheid eingelegt haben. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das Finanzamt Ihnen auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung gewährt hätte – was nur in seltenen, besonders gelagerten Fällen geschieht.

Das gesamte Einspruchsverfahren ist kostenlos. Es handelt sich dabei zwar um ein sogenanntes Rechtsbehelfsverfahren, aber nicht um ein gerichtliches Verfahren, denn der angegriffene Steuerbescheid wird nicht von einem Gericht geprüft, sondern von der Finanzverwaltung selbst. In der ersten Stufe prüft der zuständige Finanzbeamte den Einspruch. Entweder er gibt ihm statt und ändert den Steuerbescheid entsprechend ab, oder er erklärt in einem Erläuterungsscheiben, warum er bei seiner Rechtsauffassung bleibt und bittet Sie, Ihren Einspruch zurückzunehmen. Nehmen Sie den Einspruch zurück, bleibt es bei dem ursprünglichen Steuerbescheid. Halten Sie den Einspruch aufrecht und rückt auch der zuständige Beamte nicht von seiner Position ab, geht das Verfahren in die zweite Stufe: Die Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts prüft den gesamten Steuerfall nochmals in vollem Umfang.

Und hier lauert ein Fallstrick: Anders als bei der schlichten Änderung des Steuerbescheides beschränkt die Rechtsbehelfsstelle die Prüfung nicht auf den von Ihnen geltend gemachten Aspekt, sondern nimmt sich die gesamte Veranlagung noch einmal vor. Dabei kann es zu einer sogenannten „Verböserung“ kommen: Entdeckt die Rechtsbehelfsstelle Fehler zu Ihren Gunsten im Steuerbescheid, werden auch diese berichtigt. Unter Umständen stehen Sie dann, obwohl Ihrem Einspruch stattgegeben wurde, am Ende schlechter da, als wenn Sie keinen Einspruch erhoben hätten. Deshalb muss die Rechtsbehelfsstelle Sie vor der Entscheidung schriftlich auf die drohende Verböserung hinweisen. Sie können dann prüfen, wie sich diese Verböserung wirtschaftlich auswirken würde und Ihren Einspruch gegebenenfalls zurückziehen. Dann bleibt alles wie zuvor.

Kein Einspruch gegen die Einspruchsentscheidung

Gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts ist kein weiterer Einspruch möglich. Wenn Sie diese Einspruchsentscheidung angreifen möchten, müssen Sie den Rechtsweg beschreiten und Klage vor dem Finanzgericht erheben. Hierbei entstehen – anders als beim Einspruchsverfahren – Kosten.

Weitere wichtige Einzelheiten zu Einspruch und Klage können Sie nächste Woche im Teil 2 dieses Blogbeitrags nachlesen.