Selbstbestimmungsrecht Betreuter gestärkt

Zum 1. Januar 2023 sind wichtige Neuerungen im Betreuungsrecht in Kraft getreten. Unter anderem wurde das Selbstbestimmungsrecht betreuter Menschen gestärkt. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier.

Wenn jemand aufgrund eines Unfalls oder einer Erkrankung seine rechtlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst besorgen kann und diese Person keine Vorsorgevollmacht erteilt hat, kann das Betreuungsgericht – eine Abteilung des örtlich zuständigen Amtsgerichts – einen amtlichen Betreuer bzw. eine amtliche Betreuerin bestellen. Mit etlichen seit 1. Januar 2023 geltenden Neuregelungen im Betreuungsrecht (§§ 1814–1881 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) sollen nun das Selbstbestimmungsrecht der Betreuten gestärkt und die Qualifikation der Betreuer verbessert werden

Erforderlichkeit der Betreuung

Das Betreuungsrecht regelt nun klar und eindeutig, dass eine Betreuung nur angeordnet werden darf, wenn es erforderlich ist, weil andere Hilfen nicht verfügbar sind oder nicht ausreichen. Hierbei müssen auch Hilfestellungen durch Familienangehörige, Freunde und soziale Dienste berücksichtigt werden.

Von vornherein ausgeschlossen ist eine Betreuung in der Regel, wenn die hilfebedürftige Person einer Person ihres Vertrauens eine im Umfang ausreichende Vorsorgevollmacht erteilt hat.

Erweitertes Unterstützungsangebot

Das neue Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) verpflichtet die Betreuungsbehörden, dem Hilfebedürftigen Beratungs-, Vermittlungs- und Unterstützungsangebote zu unterbreiten, damit die Bestellung eines Betreuers möglichst vermieden werden kann. Die Anordnung einer Betreuung ist nun also eindeutig die ultima ratio.

Auswahl des Betreuers

Bei der Auswahl des Betreuers oder der Betreuerin muss das Betreuungsgericht die Wünsche der zu betreuenden Person berücksichtigen. Ablehnen darf das Betreuungsgericht den Wunsch des Betreuten nur, wenn die von ihm benannte Person objektiv ungeeignet ist, die Funktion des Betreuers auszuüben.

Bei der Auswahl eines Betreuers muss das Betreuungsgericht die familiären Beziehungen des Betreuten – insbesondere zu seinem Ehegatten, zu seinen Kindern und Eltern –, seine persönlichen Bindungen sowie etwa zu befürchtende Interessenkonflikte berücksichtigen.

Ein Berufsbetreuer soll vom Gericht nur bestellt werden, wenn kein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer – idealerweise aus dem Familienkreis – zur Verfügung steht.

Selbstbestimmungsrecht des Betreuten

Das Gesetz verpflichtet den Betreuer nun ausdrücklich dazu, die Angelegenheiten der betreuten Person so zu besorgen, dass sie ihr Leben im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach ihren eigenen Wünschen gestalten kann. Der Betreuer muss sich durch regelmäßigen persönlichen Kontakt mit der betreuten Person ein umfassendes Bild davon machen, welche Wünsche sie hat und was sie nicht möchte. Diesen Wünschen entsprechend hat der Betreuer im Rahmen der gesetzlichen Grenzen zu handeln und von seiner rechtlichen Vertretungsmacht nur so weit Gebrauch zu machen, wie es dazu erforderlich ist.

Besonderer Schutz des Wohnraumes

Den Wohnraum, den die betreute Person selbst nutzt, darf der Betreuer nur aufgeben – also die Wohnung oder das Haus kündigen oder verkaufen –, wenn das dem Wunsch der betreuten Person entspricht. Bereits die Absicht, den Wohnraum der betreuten Person aufzugeben, muss der Betreuer unter Angabe von Gründen und der Sichtweise des Betreuten dem Betreuungsgericht melden, damit eine gerichtliche Kontrolle schon im Vorfeld etwaiger Rechtshandlungen möglich ist.

Genauere Berichtspflicht des Betreuers

Die Anforderungen an die Berichte, die der Betreuer dem Betreuungsgericht regelmäßig vorzulegen hat, wurden vom Gesetzgeber konkretisiert, um eine bessere gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten. Da der Wille der betreuten Person zentraler Maßstab für das Handeln des Betreuers ist, besteht für die zuständigen Mitarbeiter beim Betreuungsgericht nun die Pflicht, die betreute Person persönlich anzuhören, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betreuer den Wünschen der betreuten Person nicht oder nicht in geeigneter Weise nachkommt.

Qualitätsverbesserung der beruflichen und der ehrenamtlichen Betreuung

Zum beruflichen Betreuer mit einem entsprechenden Vergütungsanspruch kann von nun an nur noch ernannt werden, wer bei der Betreuungsbehörde als Berufsbetreuer registriert ist, seine Sachkunde nachgewiesen und eine Berufshaftpflichtversicherung für Vermögensschäden abgeschlossen hat.

Ehrenamtliche Betreuer ohne familiäre Verbindung zu der betreuten Person sollen vom Gericht nur noch bestellt werden, wenn sie Mitglied in einem Betreuungsverein sind. Dadurch möchte der Gesetzgeber sicherstellen, dass ehrenamtliche Betreuer auf kompetente Unterstützung und Beratung zurückgreifen und sich fachlich weiterbilden können.